[Kolumne] Ben Frost und akustische Architektur: Zwischen Lärm und Struktur
Column de 00s Ambient Experimental Noise
Ben Frost und akustische Architektur – Frequenzgewalt
| Text: mmr | Thema: Das Erhabene im digitalen Zeitalter neu definieren von Ben Frost |
Wenn viele Zuhörer die Musik von Ben Frost zum ersten Mal hören, fällt ihnen als Erstes nicht die Lautstärke, sondern die Dichte auf.
Es ist nicht nur ein lautes Geräusch. Der Klang erweitert den Raum selbst, verdichtet ihn und existiert, als ob er ihm den Atem rauben würde.
Für Frost, der ursprünglich aus Australien stammt und in Island lebt, ist „Klang ein physisches Phänomen und eine Form von Gewalt“.
Es ist als architektonisches und haptisches Erlebnis konzipiert, das über Melodie und Rhythmus hinausgeht.
„Klang ist eine Skulptur aus Luft, ein Druck, der auf den Körper einwirkt“, sagt er.
Die Stille Islands und die Rauheit Australiens
In seiner Arbeit koexistieren isländische Ruhe und australische Wildnis.
In einer ruhigen Landschaft am Stadtrand von Reykjavik erzeugt er übermäßige Verzerrungen und tiefe Bässe.
In Zusammenarbeit mit Valgeir Sigurðsson und Nico Muhly von Bedroom Community, Es entstand eine spannungsgeladene Spannung zwischen klassischer Struktur und elektronischer Zerstörung.
„By the Throat“ aus dem Jahr 2009 ist ein wahrhaft symbolisches Werk.
Hier knurren, atmen und greifen Geräusche an wie Tiere.
Feldaufnahmen von Wolfsgeheul, Atemgeräuschen und tieffrequentem Knurren.
Hierbei handelt es sich nicht um Umgebungsgeräusche, sondern um „Angriffsgeräusche“.
Klang als Waffe, Klang als Ritual
Wenn man Frosts Akustikphilosophie diskutiert, kann man die Perspektive der „Bewaffnung des Klangs“ nicht außer Acht lassen.
Er nutzt Subbass und Verzerrung, um klangliche Gewalt präzise zu gestalten.
Durch die Zusammenarbeit mit Hildur Guðnadóttir, Tim Hecker und anderen, Wir haben untersucht, wie Klang die Grenze zwischen „Schmerz“ und „Vergnügen“ überschreitet.
In seinen Werken wird der Körper des Zuhörers zum „Resonator“.
Die Bauchhöhle, die Haut und die Knochen hören zu, nicht die Ohren.
Klang umgibt den Zuhörer wie Luftdruck, der einen Raum füllt.
Es ist eher ein Ritual als Musik.
Es kommt der Moment, in dem eine Reihe von Geräuschen das Bewusstsein erweitert und die Realität verändert.
Das Schlachtfeld des Studios
Die Produktionsumgebung von Ben Frost ähnelt eher einem Schlachtfeld als nur einem Aufnahmestudio.
Eine Fülle modularer Synthesizer, modifizierter Mikrofone und übertriebener Kompressoren.
Anstatt den Ton „aufzunehmen“, erfassen Sie ihn, als würden Sie ihn schlagen.
Er lehnt den Zufall nicht ab, sagt aber gleichzeitig: „Jede Frequenz hat einen Grund für ihre Existenz.“
Rauschen und Verzerrungen sind nicht nutzlos.
Vor Ort aufgezeichnete Windgeräusche und Vibrationen, Wenn es beginnt, durch elektronische Verarbeitung eine architektonische Struktur anzunehmen, Es wird Klangarchitektur.
Cinematic Turn: Partitur für Shadows
Seit den 2010er Jahren haben sich Frosts Aktivitäten auf Film- und Theatermusik ausgeweitet.
Partituren wie „Fortitude“, „Dark“ und „Raised by Wolves“ sind
Anstatt ein Geräusch zu sein, das Angst schürt, fungiert es als Geräusch, das den Raum der Geschichte selbst formt.
In seinen Partituren gibt es fast keine Melodie.
Was stattdessen existiert, ist der „Druck“ des Raumes und die „Dauer“ des Atmens.
Ben Frost fungiert im Video als „Soundarchitekt“.
Der Bass, der in der Dunkelheit widerhallt, ist wie der Herzschlag der Stadt, Es weckt die „Erinnerung an die Stille“, die der Mensch in der Zivilisation verloren hat.
Lichtexplosion: A U R O R A und die Kritikalität des Klangs
A U R O R A, das 2014 veröffentlicht wurde, war ein Wendepunkt in Ben Frosts Karriere.
Mit diesem Werk verabschiedete er sich von seinem bisherigen Ansatz „akustischer + elektronischer Klang“,
Ich habe eine Welt fast ausschließlich aus elektronischen Klangpartikeln aufgebaut.
Das Schlagzeug und die Gitarre verschwanden, ersetzt durch mit Lichtgeschwindigkeit blinkende Impulse
Fragmente metallischen Rauschens zeigen einen kosmischen Raum.
Steve Albinis Mix ist überraschend trocken;
Der Nachhall des Klangs wird entfernt, um die von Frost beabsichtigte „sauerstofffreie Akustik“ zu visualisieren.
„A U R O R A“ basiert auf meiner Erfahrung im Kongo, Afrika.
Inspiriert wurde es von extremen physikalischen Bedingungen wie Sonnenlicht, Hitze und der Instabilität der Elektrizität.
Es ist die Gewalt des Lichts, der Aufbau von Schall durch Photonen.
Nach diesem Album wurde sein Sound immer architektonischer und anorganischer.
Gleichzeitig begann es wie ein lebender Organismus zu pulsieren.
Man kann sagen, dass A U R O R A ein Werk ist, das den Moment, in dem Klang zu Licht wird, wirklich einfängt.
Körper, Maschinen und Heiligkeit
Bei Live-Auftritten reduziert Frost die Beleuchtung auf ein Minimum; Verwandeln Sie die Bühne in einen rituellen Raum aus Licht und Lärm.
Extremer Schalldruck, niederfrequente Wellen, weißes Licht.
Sie betäuben die Sinne des Publikums und machen es zu einem heiligen Erlebnis.
Der Aufbau gleicht einem Laibach, einem Schwäne oder gar einer religiösen Zeremonie.
„Die Ruhe, die jenseits des Übermaßes liegt“——
Frost findet darin eine Art Erleichterung.
Der Zusammenbruch der Zeit und der digitale Abgrund
In den letzten Jahren nutzte Frost KI-Komposition und Echtzeitverarbeitung, um Ihn interessiert die „unkontrollierbare Autonomie des Klangs“.
Der Klang verlässt seine Hände und verändert sich auf selbsterzeugte Weise.
Eine Zukunftsvision im Stil von Tarkowski und William Gibson.
Es gibt eine Poetik der verfallenen Technologie und des Nachhalls.
Frosts Sound versucht, das Erhabene im digitalen Zeitalter neu zu definieren.
Es ist wie ein Architekt, der versucht, eine Struktur aufrechtzuerhalten, ohne Angst vor dem Einsturz zu haben.
Auf dem Weg zu einem neuen akustischen Ökosystem
Letztlich betrachtet Ben Frost nicht die Grenze zwischen Natur und Menschengemachtem.
Vielmehr handelt es sich um ein „neues Ökosystem“, das in der Zwischenzeit entstehen wird.
Elektronische Klänge imitieren nicht die Natur, sondern werden zur Sprache der Natur selbst.
Lärm ist keine Zerstörung, sondern die Stimme der Umwelt.
Er sagt:
„Der Akt des Zuhörens ist ein Gefühl des Überlebens.“
Klang ist keine Unterhaltung oder Kunst mehr.
Es ist ein „physiologisches Werkzeug“, das es dem Menschen ermöglicht, sich wieder mit der Welt zu verbinden.
Diskographie: Funktioniert als akustische Karte
| Jahr | Titel | Hauptmerkmale | Links |
|---|---|---|---|
| 2003 | Stahlwunde | Experimentieren Sie mit subtiler Akustik mit sanften Umgebungsgeräuschen und Gitarre | Amazon |
| 2007 | Theorie der Maschinen | Beschleunigungistische Verschmelzung von minimaler Struktur und Rauschen | Amazon |
| 2009 | Am Hals | Kritischer Punkt von Tiergeräuschen und gewalttätigen Texturen | Amazon |
| 2014 | A U R O R A | Explosion von Licht und Vibration, erste Übertragung auf Warp | Amazon |
| 2017 | Das Zentrum kann nicht halten | Analoge Dichte aufgezeichnet von Steve Albini | Amazon |
| 2017–2020 | Dunkel: Zyklus I–III (OST) | Netflix-Dramamusik, aufbauender Bass und Stille | Amazon |
Stille zurückgelassen
Ben Frost ist in den letzten Jahren wieder ins Schweigen verfallen.
An einem Ort in der Nähe des Polarkreises haben wir das Geräusch von Eis, das Zittern des Windes und das Echo von Schnee aufgenommen.
Er überdenkt die „Grenzen“ des Klangs neu.
Was ist Ton?
Was ist Lärm?
Und ist Schweigen wirklich das Gegenteil?
Was Frost am Ende zeigt, ist nicht die „Stille“ am Ende des Tons; Ein neuer Klang lauert in der Stille.
„Die Grenze des Schalls ist nicht der Lärm, sondern die Stille.“
Hauptchronologie von Ben Frost
Offizieller Link zu Ben Frost
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