[Kolumne] Wrong Way Up und „The Beach“ – Nachhall der Utopie und der anderen Seite der Zivilisation
Column de Ambient Film Soundtrack Synth-Pop
Prolog: Die auf dem Weg nach Süden – die moderne „Paradies“-Fantasie
| Text: mmr | Thema: Erkundung der Klänge von Utopie und Flucht durch Brian Eno & John Cales „Wrong Way Up“ und „The Beach“ mit Leonardo DiCaprio in der Hauptrolle |
Ende der 1990er Jahre glaubte die Welt noch an das Wort „Paradies“. Das Ende des Kalten Krieges, die Geburt des Internets und Träume von der Globalisierung.
Doch hinter diesem Traum zeichneten sich bereits Risse ab. Brian Eno und John Cales „Wrong Way Up“ (1990) und Leonardo DiCaprios „The Beach“ (2000) stehen an entgegengesetzten Enden dieser Kluft.
In beiden Geschichten geht es um die Reise nach Süden. Es zeigt die Einsamkeit und Ernüchterung, die am Ende der Flucht im Versuch lauert, das Paradies zu finden.
„Wrong Way Up“ oszilliert zwischen elektronischen Klängen und Melodien und entfaltet eine „innere Reise“. „The Beach“ zeigt den „Zusammenbruch einer Gemeinschaft“ in den Tiefen einer tropischen Landschaft.
Das Paradies ist kein Ort mehr, sondern eine Projektion des Geistes.
Kapitel 1: Das Wunder der Zusammenarbeit – Eno und Cale, die Schnittstelle zweier Gehirne
In den 1970er Jahren verließ Eno Roxy Music und wurde zu einem führenden Vertreter der experimentellen Musik.
John Cale hingegen hatte den Einfluss des Velvet Underground verlassen und schwankte zwischen Klassik und Avantgarde.
In den 1980er Jahren fühlten sich die beiden distanziert voneinander, trafen sich aber schließlich 1990 in einem Londoner Studio.
Wrong Way Up ist ein Album, das Enos atmosphärisches Klangdenken perfekt mit Cales architektonischem Drama verbindet.
Während der Aufnahmen gerieten die beiden oft aneinander. Enos Vorstellung vom „Rasieren“ und Cales „aufbauender“ Natur kollidierten direkt.
Aber diese Spannung haucht dem Klang Leben ein. Das schwebende Gefühl von „Spinning Away“, der vielschichtige Rhythmus von „One Word“ und die transparente Angst von „Empty Frame“.
Alles sei ein Produkt von „Kooperation und Reibung“.
“You don’t collaborate to agree. You collaborate to discover.” — Brian Eno
Kapitel 2: „Eine weitere Reise“ mit dem Titel „Wrong Way Up“
Der Titel „Wrong Way Up“ hat eine doppelte Bedeutung.
Es ist ein Gefühl des Unbehagens in einer „auf dem Kopf stehenden Welt“ und gleichzeitig eine Allegorie für „einen Geist, der beim Aufstieg wandert“.
Klanglich ist Enos charakteristisches, sanftes Ambiente mit Cales melodischer Absicht durchdrungen.
„Spinning Away“ zum Beispiel ist eine perfekte Mischung aus schwebenden Gefühlen und Nostalgie. Synthesizer-Partikel funkeln wie Reflexionen auf der Meeresoberfläche und Cales Stimme erinnert an „fernes Land“.
“Up on a hill, as the day dissolves,
With my pencil turning moments into line…”
Die Melodie ist wie eine „Erinnerungsskizze“.
Dieses Album war ein Vorläufer von Enos „Environmental Pop“ ab den 1990er Jahren und wurde von den Klängen von Coldplay und Moby übernommen.
„Falscher Aufstieg“ kann sich auf den Weg beziehen, den wir einschlagen, von dem wir glauben, dass er der richtige Weg ist.
Kapitel 3: „The Beach“ – Eine Geschichte über den Zusammenbruch einer Utopie im digitalen Zeitalter
Der Film „The Beach“ von Danny Boyle aus dem Jahr 2000 fasst den „Eskapismus-Mythos“ junger Menschen am Ende des 20. Jahrhunderts zusammen.
Richard, gespielt von DiCaprio, besorgt sich in einem billigen Hotel in Bangkok eine Karte der legendären „verborgenen Insel“ und macht sich mit seinen Freunden auf den Weg ins „Paradies“.
Doch was sie erwartet, ist nicht Glück, sondern gemeinschaftlicher Wahnsinn und individueller Zusammenbruch.
Regisseur Boyle beschreibt die tropische Landschaft als „schillernde Realität“.
Auch die Musik auf „The Beach“ kann sich sehen lassen. Der transparente Refrain von All Saints „Pure Shores“, der ruhige elektronische Sound von Moby „Porcelain“.
Dies waren Echos einer „elektronischen Utopie“, die eine Erweiterung von „Wrong Way Up“ war.
„Das Paradies ist kein Ort – es ist ein Geisteszustand.“ (aus „Der Strand“)
Am Ende des Films verliert Richard seine Freunde und kehrt in die Realität zurück.
Der „schwache elektronische Klang“, der in diesem Moment erklingt, spiegelt die Grenze zwischen Schönheit und Verlust wider, genau wie „Wrong Ascent“ von Eno & Cale.
Kapitel 4: Die Schnittstelle von Ton und Bild – Ton als utopische Illusion
Die Musik von Eno & Cale und die Visuals für The Beach haben ein ähnliches Gefühl.
Es handele sich um „durchsichtige Ungeduld“.
Beide haben in ihrer tropischen Helligkeit einen Hauch von Angst.
Obwohl die rhythmische Struktur von „Wrong Way Up“ elektronisch ist, erweckt sie den Eindruck von „menschlichem Atmen“.
Der Beach-Soundtrack erkundet ebenfalls die Balance zwischen Club-Beats und natürlichen Klängen.
Das zugrunde liegende Thema ist die „Schnittstelle zwischen Natur und Technologie“ und die Idee von Ambient = Landscape of Mind, die Eno seit den 1980er Jahren vertritt.
“The idea of ambient music is to make you feel part of a landscape that may not exist.” — Brian Eno
Auch die Landschaft von „The Beach“ ist ein Paradies, das es nicht gibt – eine Simulation auf der Leinwand.
Hier überlagern sich Ton und Bild perfekt und schaffen eine moderne „Illusion der Utopie“.
Kapitel 5: Kunst in der postutopischen Ära – was jenseits der „Flucht“ liegt
Wohin werden wir im 21. Jahrhundert rennen?
In einer Zeit, in der soziale Medien die Welt verbinden und KI eine Rolle in der Vorstellungskraft spielt, klingt der Ausdruck „Wrong Way Up“** noch realistischer.
„Falscher Aufstieg“ ist heute eine Metapher für Zivilisation.
Das Album von Eno & Cale hatte eine Vorahnung von „Musik, nachdem man das Paradies aufgegeben hatte“.
Die Melodie fragt leise. „Wenn Sie das Paradies nicht finden können, bauen Sie es in der Musik.“
Der Moment am Ende von „The Beach“, als Richard mit einem Lächeln im Gesicht auf seinen Computerbildschirm starrt.
Es gibt keine tropischen Lichter oder Träume von Gemeinschaft mehr.
Der „Nachhall ferner Klänge“ bleibt jedoch in seinem Herzen.
Schlusskapitel: Das Geräusch des zurückweichenden Strandes – eine Zusammenarbeit als utopischer Nachhall
Das Jahrzehnt von 1990 bis 2000 war eine Zeit, in der die Grenze zwischen Realität und Fantasie verschmolz.
„Wrong Way Up“ und „The Beach“ dokumentieren diesen Wandel sowohl akustisch als auch visuell.
Die Zusammenarbeit zwischen Eno und Cale war nur eine flüchtige Chemie, hinterließ aber einen bleibenden Eindruck.
Es war keine „Musik auf der Suche nach dem Paradies“, sondern „ein Gebet nach dem Verlust des Paradieses“.
Ihre Geräusche kommen und gehen wie Wellen.
Und in unseren Herzen zeichnen wir weiterhin still einen unsichtbaren Strand.
Anhang: Verwandte Diskographie
| Künstler/Werk | Jahr | Notizen | Link |
|---|---|---|---|
| Brian Eno & John Cale – Wrong Way Up | 1990 | Kollaborationsalbum. Eine Fusion aus menschlicher Melodie und elektronischer Klarheit. | Amazon |
| Der Strand (Soundtrack) | 2000 | Moby, All Saints, Faithless und mehr nehmen teil. Musik des Meeres und der Einsamkeit. | Amazon |
Nachtrag
Wenn Sie „The Beach“ sehen möchten, nachdem Sie „Wrong Way Up“ gehört haben,
Möglicherweise hören Sie den Nachhall von Spinning Away hinter dem letzten Rauschen der Wellen.
Das ist der „Sound der Utopie“ in der Neuzeit.